Tanze Deine Sehnsucht

(Artikel von Ilonka Hoermann in der Zeitschrift „Neue Kreise ziehn“)

Sehnsucht

Tanz ist eine zentrale Ausdruckform des Menschen. Er spielt in der bildenden Kunst des Abendlandes und der altägyptischen Kultur von der Antike bis zur Gegenwart eine wesentliche Rolle und war eine beliebte Darstellung von verschiedenen Künstlern. Eine besondere Tanzform stellt der Reigen dar.

Der Reigen-/ Kreistanz wurde u.a. von Botticelli 1478 „Der Reigen der Grazien“, dargestellt, von Francisco Goya 1816 “Heitere Torheit“, Ferdinand Holler 1914 „Floraison“, Albert Weisgerber 1902 „Pfauentanz“, Henri Matisse 1909“ Der Tanz, Max Pechstein 1912 „Tanzende weibliche Akte am Meer, Pablo Picasso 1954 „Friedenstanz“ usw.

Von einem Indianerhäuptling wird erzählt: „Wenn er die Segnungen der wärmenden Strahlen der Sonne fühlte, dann tanzte er, wenn das Herz von tiefen Gefühlen erfüllt war, dann tanzte er, wenn sein Herz von Mitleid erfüllt war, dann tanzte er. All seine Freude und Begeisterung des Lebens, all seine Dankbarkeit, all seine Erfahrungen, all seine Hoffnungen fanden in ihren Höhepunkt in einem großen gemeinsamen Tanz.“

Der Tanz ist ein Ausdruck unserer Sehnsucht nach Freiheit und Verbundenheit. Es ist die Sehnsucht, unserer Mitte zu finden, unseren Gefühlen und Empfindungen einen Ausdruck zu geben.

„Alle Kräfte wirken in Kreisen. Der Himmel ist rund, die Erde ist rund, ebenso alle Sterne. Das Leben des Menschen ist ein Kreis – von Kindheit zu Kindheit- und so ist es mit allem worin sich die Welt regt.“ Black Elk (indian. Schamane).

Die Kreistänze haben eine jahrtausend alte Tradition, sie wurden zu den unterschiedlichsten Lebenssituationen getanzt. Es gab Frauen- und Männertänze, Tänze zu Lebensübergängen (Geburt, Hochzeit, Abschied), zu Jahreszeitenzyklen, zu Elementen, für Bäume und Heilkräuter usw. Kreis- und Gruppentänze sind weder an Alter, Geschlecht, noch Religion gebunden und sie ermöglichen ein Gemeinschaftsgefühl, das berührt und bewegt. Wir tanzen um eine Mitte, die je nach Thema gestaltet wird, dies hilft uns auch, wieder in die eigene Mitte zu kommen.

In unserer Kultur sind die Kreistänze oft nur einseitig bekannt, z.B. als Tanzeinlagen. zu Festen und Veranstaltungen, für Musik – und Sportunterricht, wo sie oft als Auflockerung und zur Freude an der Bewegung eingesetzt werden. Dies ist EINE Möglichkeit, aber die Heilkraft der Kreistänze werden wir erst erfahren, wenn wir uns auf die Musik, auf den Rhythmus, auf die Bewegung, die Gesten, und auf jeden Schritt ganz einlassen, sie vertiefen und wiederholen. Dann sind sie eine wirksame Meditation, die uns hilft, in Kontakt mit unseren Gefühlen zu kommen uns wahrzunehmen, uns zu spüren. Dies gibt uns auch die Fähigkeit, die Tänze im pädagogisch/therapeutischen Bereich mit Erwachseen und Kindern einzusetzen. Wir kommen in Bewegung, wir werden bewegt, es bewegt sich wieder etwas. Jeder Schritt führt uns in die Gegenwart und in der Gegenwart sind wir im Jetzt und im Jetzt ist Liebe, Schönheit und Dankbarkeit.

Ein indianischer Schamane erzählte: „Wenn wir tanzen, tanzen wir die Bitten der Menschen mit den Füßen in den Boden. Wir beten mit unserem ganzen Körper und unserer Seele.“ Dies ist ein schönes Bild und so können wir mit jedem Tanzschritt unsere Bitten in den Boden hineintanzen und den Tanz als ein Gebet erfahren für uns selbst, wie für andere Menschen.

„Dort draußen, wo ich mich hinwende, das bin ich. Und der weite Horizont öffnet sich wie eine Blume in meinem Herzen. Erst seit ich tanze, lebe ich. Vorher habe ich nur existiert. Wo immer der Tanzende mit dem Fuß auftritt, da entspringt dem Staub ein Quell des Lebens

Mevlana Rumi 1207-1273

Die Autorin

Ilonka Hoermann beschäftigt sich seit drei Jahrzehnten mit der Heilkraft der Kreistänze und der Indianertrommel. Sie gründete die „Schule für therapeutische Tanzfortbildung“ und gibt Seminare und Fortbildungen.

Zurück